Jan Lietzke

R2 Ein Journal

Serbien, Bulgarien, Türkei, Griechenland, Italien.

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[Nicht-editiertes Transkript handschriftlicher Notizen!]

23.02.2025

Bundestagswahl

Aus Deutschland ins Ausland schauend bin ich schon länger bestürzt, aber mittlerweile wäre ich es auch andersherum.

23.02.2025

Architekturtheorietage – Fetisch und Tabu

Die Eingangsfrage: Was tabuisiert die Architektur und ihre Theorie? Die gegebene Antwort: Das zweite Drittel von Race, Class und Gender. Die darauffolgende Forderung: Den Zusammenhang von Produktionsverhältnissen und Architektur analysieren, aber ohne einem „rhetorischen Klassenkampf“ zum Opfer zu fallen.

Ist das vielleicht ein Widerstand, der uns da begegnet? Ich meine ja. Deshalb auch die Bitte, lieber von „blinden Flecken“ zu sprechen, denn der Begriff des Tabus sei schließlich etwas „radikal“ und sowieso müsse die Architektur sich doch viel eher den Formen zuwenden, ihrem „eigentlichen Gegenstand“.

Wer das Tabu mit dem blinden Fleck gleichsetzt und statt Klassenverhältnissen lieber Formen diskutiert, hat in der Architektur nichts verloren. Zumindest nicht in einer Architektur für den Menschen. Über den Fetisch der Form geht ihr Inhalt verloren und das Verklären der Tabus zu blinden Flecken mündet in der unbewussten Reproduktion bestehender Verhältnisse und findet Ausdruck in einer vermeintlich formschönen, letztlich uniformen Architektur – blind für den Menschen und seine Bedürfnisse.

Ausdruck dieser Reproduktion ist eine Architektur, deren Fetisch die Form und deren Tabu der Inhalt, deren Verleugnetes die Herrschaft des Kapitals und deren Widerstand die Verklärung dieser Zusammenhänge zum blinden Fleck ihrer eigenen Theorie.

23.02.2025

Töten als Technik

Über Drohnen, die Refiguration eines Schachtfelds und eine neue Qualität des Tötens.

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30.09.2024

Brandmauer

"Eine Brandwand oder Brandmauer ist eine Wand, die durch ihre besondere Beschaffenheit das Übergreifen von Feuer und Rauch von einem Gebäude oder Gebäudeteil zu einem anderen verhindern soll. Diese Aufgabe muss die Brandwand auch dann erfüllen, wenn Löschwasser und Hitze auf sie einwirken oder andere Bauteile auf sie stürzen oder sie seitlich anstoßen." (Wikipedia, Brandwand, 01.09.2024)

Ob Brandmauern wohl auch funktionieren, wenn zwei Länder brennen?
Wenn das Löschwasser zu kochen beginnt?
Wenn statt Bauteilen Gerüste einstürzen?
Wenn seitliches Anstoßen zum Frontalangriff wird?

Würde mich sehr wundern.

01.09.2024

Ressentiment

Der Welt und sich selbst so fremd geworden, dass die Sprache verstummt und Welt und Selbst nur noch mit den Worten anderer begriffen werden können. So verstümmelt, dass die Begriffe für das Schöne fehlen, das schöne Selbst wie das Schöne selbst in die Begriffe des Hässlichen gepresst werden muss. So lange die Augen auf das Bittere der Welt gerichtet, dass es sich ins Bewusstsein gefressen hat und dort als Verbitterung die Welt zu spiegeln glaubt.

Das Schöne verbannt in den Augenblick des Übergangs der bitteren Welt in Verbitterung, damit nie ganz verschwunden und doch verloren, zu sehr reißen die Begriffe der Verbitterung den Augenblick an sich.

Es bleibt nur Raum für das Unüberlegte als Momente des Glücks, das seinerseits wieder die bittere Welt zur Selbstbestätigung zwingt.

Was die Gesellschaft einem objektiv verwehrt hat, wird als doppelter Anspruch an sie gestellt und sein Erfüllen subjektiv verunmöglicht, und trotzdem trifft das Subjekt keine Schuld.

Diese zweifache Enttäuschung verdammt den Menschen schließlich in eine wahrlich bittere Welt.

19.07.2024

Phädra, in Flammen

Das Stück ist vorbei, das Licht geht an. Die Schauspielenden verlassen ihre Rollen, verbeugen sich und genießen den Applaus.

Nur Phädra läuft eine Träne aus dem rechten Auge. Fast unmerklich rollt sie an ihrer Wange hinab, allein die Spur zerlaufender Schminke verrät ihren Weg.

Sie weiß, dass sie ihre Rolle nie wird verlassen können, dass kein Licht der Welt sie daraus befreit.

Als die Schauspielenden sich nach einem kurzen Rückzug erneut dem Applaus des Publikums aussetzen, ist nichts von der rollenden Träne und der zerlaufenden Schminke mehr zu sehen.

13.06.2024

Europa

Über dem Olymp ziehen braune Wolken auf. Was als leichter Niesel sich noch schönreden ließ, kündigt nun vom nahen Gewitter.

Für aufmerksam Beobachtende nicht überraschend. Lange war das Unwetter am Horizont zu sehen, doch für das wählende Volk sind es noch immer kaum spürbare Tropfen auf den demokratischen Köpfen.

Nicht gewappnet für das Donnergrollen, freuen sie sich über jeden Blitzeinschlag - bis die geliebte Heimat in Flammen steht.

12.06.2024

Ohne Titel

Es ist kein Sturm,
Es ist ein Feuer.

Sicher nicht günstig,
Eher viel zu teuer.

Und trotzdem alles wert.

08.05.2024

Falsches Gleis

Bei einer Zugfahrt durch Deutschland sieht man noch immer - und vielleicht bald wieder - die ausgehungerten Opfer des Faschismus zusammengepfercht an Gleisen stehen, gebrochene Blicke aus Güterwagen schauen und bucklige Menschen auf Fabrikgeländen umherschleichen.

03.11.2023

Neoliberale Stadträume und Sexarbeit

Von grünen Oasen und dem Trubel der Großstadt.

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30.09.2023

Hoffnung

Wird schon.

Immer wieder das Gefühl, keinen Platz zu haben. Nicht zu wissen, wo ich hingehöre, wohin ich gehen soll. Es schmerzt, es zehrt mich aus, es lässt mich verzweifeln.

Das Gefühl, so viel zu wollen, zu können, aber nicht den Hauch einer Ahnung, wo all die Fähigkeiten ausgelebt werden können. Es drückt, es zieht, es droht mich zu zerreißen.

Regelmäßig dann die Erfahrung, falsch zu sein. Hier zu viel, da zu wenig, aber nie richtig und stets falsch verstanden. Es verletzt, es grenzt aus, es presst mich an den Boden.

Immer wieder der Versuch, Halt zu finden an den glatten Wänden des Alltags, der polierten Fassade einer falschen Gesellschaft, die zu begreifen meine Hände schwerlich in der Lage sind. Auf ein Neues den Körper bemühen, den Geist, sich gegen die Dunkelheit stemmen, sich aus ihren Fängen winden. Unaufhörlich mit ihr ringen und sie doch nie gewinnen lassen. Ihr Sieg wäre das Ende, begrübe mich unter einem grauen Schleier, den zu lüften wohl niemand mehr in der Lage wäre.

Zerschlagen liege ich im Bett, nur die Höhe der Matratze schiebt sich noch zwischen meinen kraftlosen Körper und den Boden, der mich zu sich ruft. Meine Finger gebrochen vom Versuch, eine Welt zu begreifen, die sich vor mir wie ein Karussell zu drehen scheint, immer schneller und schneller.

Endlich betritt Sie dann den Raum, tastet sich behutsam an mich heran, setzt sich auf die Bettkante, hört mir zu. Sie versteht mich, schaut mir tief in die Augen, hält mich in ihren Armen und ich lasse meinen Kopf erschöpft auf ihre Brust sinken. Sie reicht mir die Hand, hilft mir auf die Beine und zieht mich aus der Dunkelheit, schiebt den langsam fallenden Schleier von mir.

Unbändig der Trotz, der Wunsch, Steigbügel in die Wände des Alltags zu treiben, die polierte Fassade einzureißen, ihr Inneres nach außen zu kehren. Die Sehnsucht nach einer eigenen Welt, das unbändige Verlangen, ein eigenes Universum zu schaffen. Nichts als die Hoffnung auf diesen Raum, diesen Ort, diese Menschen treibt mich an und lässt mich wieder und wieder erfolgreich mit der Dunkelheit ringen.

31.08.2023

Air Defender 23

Endlich übernimmt Deutschland wieder militärische Führungsrollen und unser Kanzler kann seine Wampe in Kampfjet-Cockpits quetschen - danke, "Air Defender 23"!

Irgendwie hackt's auch einfach.

29.06.2023

Mission vorwärts

Im Grunde alles, nur nicht gut.

Es geht voran, es tut sich was. Männer machen Platz für Frauen, heißen sie in ihren Reihen willkommen. Zwar etwas spät, aber dennoch besser, als nie. Seite an Seite kämpfen sie endlich für die selbe Sache – gemeinsam bilden sie eine starke Front, erkennen das Potenzial im jeweils Anderen. Es hat wohl nur ein verbindendes Moment gebraucht, um zueinander zu finden. Von nun an kann es nur besser werden: Mission vorwärts – im Grunde sind wir gut.

Mission_vorwaerts
Eigenes Foto vom 05.06.23/Wien/Bundesministerium für Landesverteidigung

Männerdomäne? Von wegen. Töten dürfen alle, Kriegsverbrechen begehen auch – ist es nicht schön, dass die Kategorie Geschlecht in den Hintergrund rückt, wenn im Namen der Nation gemordet, unterdrückt und ausgebeutet wird, wenn Solidarität groß und die Anderen klein werden? Schulter an Schulter tragen wir das Gewehr im Anschlag, frisch geschminkt und selbstbewusst den Kopf des Feindes ins Visier nehmend stehen wir füreinander ein, gemütlich im Panzerfahrzeug durch den Sonnenuntergang über Leichen gleitend sind wir endlich gleich – und im Grunde gut?

Dass derartige Plakate vor europäischen Behörden zu sehen sind, ist mehr als erschreckend – der Krieg als Abenteuer für alle. Falls ich etwas vorwegnehmen sollte, bitte ich um Entschuldigung, aber mit einem solch dümmlich-naiven Blick wird sicherlich niemand zwischen frisch geschminkten Wimpern hindurch auf den Feind blicken, wenn der Familie zu Hause Granatsplitter die Bäuche aufschlitzen – weder Mann, noch Frau, oder sonst irgendwer. Das, was sich hier „Mission vorwärts“ nennt, ist das mit Abstand Rückwärtsgewandteste, Ekelhafteste und Bedenklichste, was Politik hervorbringen kann – Krieg.

15.06.23

Ohne Titel

Fragen beantworten zu können, hieße zu wissen, wie die Zukunft aussieht. Und darin begründet sich die Unzulänglichkeit eines Antwort-orientierten Denkens - seine Unmöglichkeit. Das Suchen als Solches muss zum zentralen Moment jeglichen Denkens werden, ebenso wie die Fähigkeit, den fluiden Grund des Suchens in ein solides Fundament zu übersetzen. Ein solches Denken gleicht dem Versuch, ein Gebäude auf Treibsand zu errichten, weshalb es ein unaufhörliches, bedingungsloses Voranschreiten erfordert.

28.05.2023

Studium

Was ich lange für ein Studium der Soziologie hielt, entpuppt sich zunehmend als eine Ausbildung zur Fachkraft für atomisierte Gesellschaftsaffirmation.

25.05.2023

Tindermatch

Wischen und gewischt werden.

Das Leben nicht ansatzweise so hart wie unsere Nippel, unsere grobmaschigen Netzoberteile analog zu unseren Gedankenstrukturen, uniforme Individualität ist bei uns in Mode, Tiefgründigkeit verbannen wir in Dekolletés und unsere Selbstironie steht vor den Toren des Humors und bittet vergebens um Einlass, während wir gekonnt an der selbstgedrehten Zigarette ziehen - unserem Symbol der Unabhängigkeit.

08.04.2023

Eurofighter

Es ist das Moment, in dem Jean Pierre "JP" Kraemers PS-geiles Glied beim Anblick eines startenden Eurofighters vor den Augen eines Millionenpublikums medienwirksam kontraktiert, das alle nur erdenklichen Alarmglocken des vernünftigen Menschen zerbersten lassen sollte.

02.04.2023

Raumkonzepte und Sozialtheorie

Für eine kritische und makrosoziologische Perspektive auf Raum und was sie leisten kann.

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06.03.2023

Starke Meinung

Auf der Suche nach dem Weg.

Eine starke Meinung ist wichtig. Vor allem dann, wenn die Flut an Fragen einen zu erschlagen droht. Dabei fungiert die starke Meinung wie ein Stock beim Überqueren eines reißenden Flusses. Man stochert mit ihr vor sich herum, testet, wo sie halt hat und wo nicht.

Dann bewegt man sich in die entsprechende Richtung, bildet die eigene Meinung weiter aus und hält sie erneut an verschiedenen Stellen in den reißenden Strom, um herauszufinden, an welchen Stellen sie sich behaupten kann. Eine starke Meinung ist und bleibt eine Krücke, um den Weg im Fluss der Fragen zu finden, keineswegs ist sie die abschließende Antwort. Und je pointierter die Krücke formuliert ist, je absoluter, desto schneller kommt man voran, weil sie so entweder sehr festen oder eben gar keinen Halt hat.

Deshalb entfaltet eine starke Meinung ihr volles Potenzial auch nur dann, wenn die sie führende Person jederzeit und bedingungslos dazu bereit ist, sie wegzuschmeißen und durch eine neue zu ersetzen, sollte sie keinen festen Grund mehr unter sich erkennbar werden lassen. Außerdem wird ein und dieselbe Meinung den Grund des Flusses wiederkehrend an den selben Stellen abtasten, weshalb man sich inmitten des Flusses mäßig elegant um die eigene Achse drehen und schlussendlich doch ertrinken wird, sollte man sich zu lange an derselben Meinung festklammern. Der Weg zum rettenden Ufer wird – wenn auch nicht geradlinig – sicherlich kein Kreis sein.

03.03.2023

Geschlecht und Macht

Eine wissenssoziologische Analyse des öffentlichen Diskurses um Annalena Baerbock.

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21.02.2023

Brüllen und Fauchen

Alles, außer stumm.

Wie ein leichter Sommerwind die Haare streifend, zart im Gesicht kitzelnd, fast unmerklich am Saum der Kleidung ziehend.
Wie ein Zwinkern Aufmerksamkeit erhaschend, ein kurzes flüchtiges Blinzeln den Kontakt suchend.
Wie eine Katze sich bewegend, in Zeitlupe, lautlos schleichend an die Wand gedrückt.
Wie ein leises Tuscheln den Raum einnehmend, kaum zu hören und immer da.

Plötzlich schrill wie die Bremsen eines Zuges kreischend, ohrenbetäubend und unausweichlich.
Wie ein wildgewordenes Tier um sich tretend, Zähne fletschend und fauchend.
Wie ein Sturm die See aufpeitschend, sich rücksichtslos durch die Welt prügelnd.
Wie ein sich nähernder Hubschrauber dröhnend, im immer gleichen Rhythmus grausame Geräusche um sich schmetternd.

Im nächsten Moment wieder harmlos schwebend, einer Feder gleich.

Ganz egal, wie sie sich geben, die Fragen, nur ihre Antworten ließen sie verstummen.

31.01.2023

Bücherregal

Eine kurze Geschichte der Menschheit.

Unterwerfung
Wie man die Welt regiert
Set Boundaries find peace

Gott
Auf Augenhöhe
Der Skandal der Skandale

Neue Irre!
Jedes Kind ist hochbegabt
Neue Väter brauchen neue Mütter

Sensibel
Restlos glücklich
All you need is less

Unerschrocken
Weit weg zu mir zurück
Nichts

Dieser Schmerz ist nicht meiner

03.03.2023

Ohne Titel

Es gibt so viele Menschen mit Antworten auf Fragen, die sie sich nie gestellt haben und vielleicht ist die Antwort auf die Frage nach dieser Fraglosigkeit der Menschen das, was sie ausmacht.

19.11.2022

Wir sind Menschen

Was sind Menschen?

Wir sind Menschen.

Wir verlassen, was wir lieben und lieben, was wir verlassen.

Wir wollen den Frieden, weil wir uns töten und töten uns, weil wir den Frieden wollen.

Wir wollen, was wir nicht haben und haben, was wir nicht wollen.

Wir helfen uns, weil wir uns schaden und schaden uns, weil wir uns helfen.

Wir suchen, was wir nicht finden und finden, was wir nicht suchen.

Wir glauben, wir seien gut und werden es deshalb nicht werden.

Wir sind Menschen.

15.11.2022

Ohne Titel

Kann man Strukturen erschießen?

25.09.2022

Raum und betriebliche Öffentlichkeit

Fragmentarische Überlegungen zu einer Verknüpfung arbeits- und raumsoziologischer Ansätze in Kombination mit dem Habermas'schen Begriff der Öffentlichkeit.

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15.08.2022

Mensch und Natur

Warum Mensch und Natur ein Verhältnis sind.

Die Annahme, Mensch und Natur (hier auch Umwelt) – beziehungsweise Subjekt und Objekt – seien zwei voneinander abgrenzbare Gegenstände, lässt sich mit keinem Begriff besser gleichsetzen, als dem der Illusion. Was uns auf den ersten Blick als markante Grenze erscheint, wird bei genauerem Hinsehen immer diffuser.

Um den eigentlichen Charakter dieser vermeintlichen Gegenstände zu veranschaulichen, stelle man sich vor, man beobachte einen Küstenabschnitt aus dem Flugzeug. Würde man nun gefragt, wo die Grenze von Land und Meer verläuft, so könnte man diese problemlos ausmachen. Steht man bei selbiger Fragestellung aber direkt am Strand, fällt diese Unterscheidung bereits schwerer. Es ist keine klare Grenze mehr erkennbar. Die Wellen versuchen sich in rhythmischen Bewegungen an der Eroberung des Strandes und nehmen Teile von ihm ein und ziehen sich wieder zurück, nur um im nächsten Moment wieder zurückzukehren. Wo verläuft die Grenze von Land und Meer jetzt? Wie viel Strand darf das Meer einnehmen, bevor der Strand zum Meeresgrund wird? Nun könnte man sagen, dass der Strand eine Grenzregion darstellt, an der diese Unterscheidung besonders schwerfällt. Doch auch, wenn wir mitten im Meer stehen, bleibt es unmöglich, diese Frage zu beantworten. Denn die vermeintliche Grenze verläuft nicht nur zwei- sondern dreidimensional. Je genauer wir den Grund des Meeres anschauen, umso mehr verschwindet diese Grenze. Am Meeresgrund ist der Sand aufgewirbelt, überall ist Sand im Meer, bis das Meer im Sand ist. Doch an welcher Stelle vollzieht sich der Wechsel? Wann ist Sand im Meer und wann Meer im Sand? Diese Frage kann nicht beantwortet werden. Vielmehr müssen Land und Meer als Pole gedacht werden, die uns in der Welt aber stets als Verhältnisse voneinander begegnen.

Ganz ähnlich verhält es sich bei den Grenzen von Mensch und Natur, Subjekt und Objekt. Der Mensch transzendiert die Natur und seine Umwelt in dem Maße, wie sie ihn transzendieren und auch das Subjekt transzendiert das Objekt und vice versa. In dem Moment, indem das Subjekt vor dem Objekt steht, ist es schon in ihm. Und zwar in Form von Wissen. Das Subjekt kann das Objekt nur erkennen, wenn es schon von ihm weiß, schon vorher etwas von ihm in sich trägt, auch wenn es nur eine Idee ist.

Die Untersuchung von Mensch und Natur, beziehungsweise Subjekt und Objekt, kann nur dann adäquat erfolgen, wenn man sie jeweils als Pole begreift, die zueinander in einem Verhältnis stehen, und nicht als zwei sich gegenüberstehende Entitäten.

Wir sind immer auch Natur und Natur ist immer auch wir.

15.11.2022

Nachtrag

Eigentlich liegt das Problem hier nicht im Gegensatz von Mensch und Natur - das Problem ist vielmehr der Gegensatz an sich. Das Denken in Gegensätzen wird dem, was wir hier mal vorsichtig Realität nennen wollen, unter keinen Umständen gerecht. Jegliche Art der Kategorienbildung, die Sprache ärgerlicherweise immanent ist, ist der klägliche Versuch, die Komplexität der Realität wiederzugeben. Zum Scheitern verurteilt ist dieses Unterfangen deshalb, weil Realität nicht aus Gegensätzen, sondern Verhältnissen besteht. Es bräuchte also Begriffe von Verhältnissen und nicht von Kategorien, um sich der Realität vorsichtig nähern zu können.

03.03.2023

Blaue Flecken

Pazifisten schlagen ihre Kinder.

07.07.2022

Ohne Titel

Die Entwicklung neuer Kategorien ist einfach. Die Abschaffung von Kategorien wäre mal was.

15.06.2022

Ohne Titel

Gerechtigkeit ist letztlich auch nur die anerkannteste Form ihres Gegenteils.

30.05.2022

Ohne Titel

Wahrscheinlich ist der Mensch einfach nur überfordert, Mensch zu sein.

27.05.2022

Ohne Titel

Die maximale Entfremdung ist die Einheit.

12.05.2022

Ohne Titel

Wie sinnvoll sind eigentlich Barfußschuhe für Menschen im Rollstuhl?

11.04.2022